Perfect Welding

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Fronius Deutschland Ein Standortporträt

Nach einer betriebsintern langjährigen Karriere übernimmt Ewald Eisner 2018 die Geschäftsführung für Fronius Deutschland. Im vorliegenden Interview berichtet er spannend über Standortgeschichte in Vergangenheit und Gegenwart. Wie lässt sich die internationale Konzerngeschichte von der umsatzstärksten Fronius-Tochter – mit etwa 50 Millionen Euro jährlich – maßgeblich beeinflussen? Wie könnte die Zukunft der Schweißbranche aussehen, und wo geht dabei die Reise für Fronius hin?

Herr Eisner, nach Ihrer Lehrzeit als Universalschweißer bei voestalpine (Vereinigte oberösterreichische Stahlwerke) sind Sie relativ bald zu Fronius gewechselt. Wie hat Sie Ihr Weg dann nach Deutschland verschlagen?

Klaus Fronius wollte damals den Vertrieb für Deutschland aufbauen beziehungsweise eine Tochter gründen. Der Plan sah dabei vor, dass wir uns in den Fertigungen der dort ansässigen Automobilisten etablieren. Das war natürlich naheliegend, allerdings starteten wir 1992 ohne jeglichen Kundenstamm – also von Null weg.

 

Was war dann die Initialzündung, die Fronius zum Erfolg verhalf?

Der Durchbruch gelang uns mit dem Audi A8. Die Alu-Karosse stellt hohe schweißtechnische Anforderungen an die Fertigung, und wir konnten uns technologisch klar gegen den Mitbewerb durchsetzen. Das war der Knackpunkt, der es Fronius im weiteren Verlauf auch ermöglichte, sich bei VW, BMW, Daimler und Opel zu etablieren. Als VW seine Werke in Mexiko und Brasilien gründete, mussten wir plötzlich ebenfalls liefern und sind dann quasi den Schweißgeräten, die in Wolfsburg abgerufen worden sind, nachgezogen. Die weltweite Fronius-Expansion ging schließlich mit der Expansion der deutschen Automobilisten einher.

 

Welche Kriterien zur Auswahl der deutschen Fronius-Niederlassungen gab es?

Anfangs waren wir lediglich in den Zentralen der Großen vertreten: VW in Wolfsburg, Audi in Ingolstadt, BMW in München – vor Ort jeweils nur mit überschaubaren Technik-Teams. Mit der zunehmenden Etablierung mussten wir uns allerdings fest ansässig machen. Dabei wurden strategisch wichtige Punkte gewählt, um die Nähe zu den Produktionsstätten unserer Kunden gewährleisten zu können.

 

Nach langjährig internationaler Tätigkeit, bei der Sie die Standortgründungen weltweit unterstützt haben, übernahmen Sie das VSP-Team Hengersberg in Ostbayern. Wie ging es für Sie persönlich und für Fronius weiter?

Als regionaler Vertriebsleiter in Hengersberg habe ich zudem die Gesamtleitung für die Region Bayern zugesprochen bekommen. Dabei entwickelte ich einen speziellen Plan, welcher eine regionale Servicestelle beinhaltet hat, die ich zunächst in Hengersberg installiert habe. Hier findet seither die Reparatur von Handschweißbrennern statt, und außerdem führen wir dort Roboter-Schweißversuche durch. Obendrein ist hier auch die Zentrale für über 180 Miet-Schweißgeräte ansässig. Dieses Angebotspaket war dann wirklich erfolgreich, woraufhin man mir anbot, die Gesamtleitung für Deutschland zu übernehmen – was ich angenommen habe.

 

Wie sah dann die weitere Strategie aus?

Zunächst habe ich dieses Erfolgssystem auf den gesamtdeutschen Markt ausgeweitet und diesen gleichsam in drei Vertriebsregionen aufgeteilt – Süd, Nord-Ost und West. Jeweils gibt es jetzt einen derartigen Servicestützpunkt, im Süd-Westen sind es mit dem VSP-Team Schönaich sogar zwei. Nicht nur bezüglich des Gesamtmanagements, sondern auch als Servicestützpunkt steht über all dem unsere Landeszentrale in hessischen Neuhof-Dorfborn bei Fulda: Hier gibt es vier Brennerreparaturlinien, in denen hauptsächlich die Roboterbrenner serviciert werden. Zudem ist Neuhof mit einer hervorragenden Anwendungstechnik ausgestattet.

Fronius Deutschland

  • Umsatzstärkste Tochter im Fronius-Konzern (52 Mio. € in der Schweißtechnik, 2018)
  • 242 Mitarbeiter, davon 146 bei Perfect Welding (Stand Januar 2020)
  • 14 Standorte
  • Landeszentrale in Neuhof-Dorfborn, im Zentrum Deutschlands gelegen

Fronius Deutschland als Vorreiter im VSP-System

Immer wieder wurden nun schon die VSP-Teams erwähnt. Für Fronius International ist die VSP-Struktur ein starkes Verkaufsargument: Investiert der Kunde in ein Fronius System, erwirbt er derartigen Support mit. Wie wird das VSP-Konzept in Deutschland mittlerweile umgesetzt?

Nach einigen Schließungen und Verkleinerungen in den vergangenen Jahren habe ich es mir als Geschäftsführer wieder zur Aufgabe gemacht, massiv in das VSP-Konzept zu investieren. 2018 wurden zur Optimierung der Infrastruktur die Standorte zum Teil großzügig erweitert, durch den Zukauf zahlreicher Immobilien. Außerdem haben wir umfangreich in die Mitarbeiterstruktur investiert – Perfect Welding Deutschland zählt mittlerweile 146 Beschäftigte. Das umfasst aktuell 13 aktive VSP-Teams, die auch für Vertriebsaufgaben zuständig sind. 

Dabei habe ich bewusst ausgesteuert, dass unsere Fachberatung von Spezialisten ausgeführt wird, weshalb sich unser Vertrieb im Außendienst aus begabten Anwendungs- und Servicetechnikern zusammensetzt. Das hat den Vorteil, dass diese detailliert über die praktischen Herausforderungen in der Lichtbogentechnik Bescheid wissen, sich in der Gerätetechnik perfekt auskennen und dementsprechend zielgerichtet das verkaufen können, was der Kunde wirklich benötigt.

 

Wozu ist eine derartige Vielzahl an Teams notwendig?

In erster Linie geht es um die Reaktionszeiten. Und da dreht sich wieder vieles um jene Kunden, die automatisiert haben. Kommt es bei denen zu einem Ausfall beziehungsweise Stillstand in der Fertigungslinie, tritt damit der Ernstfall ein – das kann verdammt teuer werden! Teilweise sind unsere Reaktionszeiten vertraglich festgehalten, wodurch garantiert wird, dass innerhalb von sechs Stunden ein entsprechender Techniker vor Ort ist. Egal ob Tag oder Nacht, an Wochenenden oder Feiertagen. Das macht die regionale Nähe der Teams natürlich unersetzlich!

Zudem bieten die Teams ja den Service der Schweißversuche an – auch beim Kunden vor Ort. Aus Platzgründen findet das Ganze aber bei uns statt. Man benötigt dazu extra Räumlichkeiten, die dann auch noch mit Robotern ausgestattet sein müssen – unsere VSP-Standorte verfügen über diese Infrastruktur. Auch hier macht es die geografische Nähe wieder möglich, dass der Kunde für seine Probeschweißungen nicht mehr quer durchs Land fahren muss.

 

Kann der Mitbewerb das auch garantieren?

Das engmaschige VSP-Konzept, wie wir es für Deutschland aufgestellt haben, ist sicherlich einzigartig in der Schweißwelt. Vor allem die intensive Betreuung unserer VSP-Teams von der Landeszentrale aus ist letztlich ausschlaggebend für den Erfolg. Allerdings ist die Gesamtstruktur auch äußerst personal- und damit immens kostenintensiv. Fronius investiert jedoch bereitwillig in diese Infrastruktur, da wir überzeugt sind, durch den Verkauf dieser außerordentlichen Dienstleistung dem Kunden zu absolutem Mehrwert zu gereichen!

Dass das Ganze gut angenommen und honoriert wird beziehungsweise die strukturierte Marktbearbeitung mittels VSP-Teams Sinn macht, spiegelt sich auch in unserem wirtschaftlichen Erfolg wider: Seit 2011 generieren wir jährlich zwischen 40 und 45 Millionen Euro Jahresumsatz – 2018 lagen wir dann erstmals bei 52 Millionen! 

 

Innovationen der Schweißtechnik

Demnach ist Fronius Deutschland mit seiner lückenlosen VSP-Struktur konzernintern als auch generell in der Schweißbranche Vorreiter. Gleichfalls gilt aber der deutsche Markt an sich als weltweiter Trendsetter. Welche Innovationen in der Schweißtechnik lassen sich hier erkennen, in denen Sie das Potential sehen, dass sie sich auch international durchsetzen werden?

Eine Sache ist unübersehbar: Die Unternehmen – immer mehr auch die mittelständischen Betriebe – müssen automatisieren. Wer das versäumt, wird als Firma künftig raus sein! Es müssen Personalkosten gesenkt werden. Außerdem fehlt auch im Schweißbereich zunehmend Fachpersonal. Alles läuft daher immer mehr auf die kollaborierenden Roboter hinaus: Diese arbeiten im unmittelbaren Umfeld mit dem Schweißer zusammen, müssen also nicht mehr in extra Schweißzellen integriert werden, und sind zudem extrem einfach zu bedienen – es braucht keine tieferen Fachkenntnisse. Die Produktivität der Betriebe wird dadurch enorm gesteigert, so dass man auch dem Preisdruck aus dem Ausland entgegentreten kann.

Der Einsatz von Cobots wird also zwangsläufig wachsen. Und genau hier sehen wir als Experte für Roboterschweißsysteme unsere Chance. Im Bereich Automation befinden wir uns ja bereits in Zusammenarbeit mit führenden Roboterherstellern um erstklassige Cobot-Schweißsysteme zu entwickeln, mit denen wir diesen Wachstumsmarkt zukünftig bedienen können. Zudem ist es uns auch gelungen, für den Kunden einen vergleichsweise günstigen Einstieg in diese Technologie zu ermöglichen.

 

Neben aktuellen oder künftig technologischen Aspekten – auf welche Branchen fokussiert sich Fronius Deutschland dabei?

Natürlich handelt es sich im Kerngeschäft nach wie vor um den Automobilsektor, die uns angestammte Branche. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass sich diese Branche einem grundlegenden Wandel gegenübersieht. Daher investieren wir zusätzlich viel Energie in andere Branchen, welche die Fronius Strategie ebenfalls vorsieht. Zum Beispiel bei den großen Baumaschinen-Herstellern sind wir sehr aktiv, aber auch im Bereich der Schienenfahrzeuge. Die mittelständischen Betriebe aus der metallverarbeitenden Industrie runden das Ganze ab. Als für uns relativ neue, aber spannende Branche etablieren wir in Deutschland mittlerweile den Schiffbau.


Neubau der Landeszentrale und Bezug im Mai 2019

In Neuhof-Dorfborn finden die Mitarbeiter auf 5.200 Quadratmetern innovative Technik und großes Knowhow vor, das hervorragende Kundenbetreuung möglich macht. Dabei wird Nachhaltigkeit großgeschrieben – die Energie zum Betrieb der Landeszentrale kommt im Sommer vorwiegend aus einer Freiflächen-Photovoltaikanlage. Zahlreiche Ladesäulen für Elektroautos und E-Bikes ergänzen den Nachhaltigkeitsanspruch.

Fronius und der Schiffbau

Innerhalb des Konzerns ist das eher eine Ausnahme …?

Das liegt daran, dass wir derzeit speziell in Deutschland ungeheures Potential sehen. Nach einer starken Rezession und der Abwanderung zahlreicher Werften findet seit einigen Jahren wieder enormer Aufschwung und Zuwachs statt. Im Norden Deutschlands haben wir 30 Werften, bei denen die Auftragsbücher bis 2025 voll sind. Wir müssen daher alles daran setzen, uns hier als Fronius möglichst gut zu positionieren!

 

Gibt es bereits Erfolge zu verzeichnen?

Absolut! Was unsere Stromquellen angeht, sind wir bei Blohm + Voss sowie bei Meyer Werft – zwei großen und alteingesessenen Schiffbauern – bereits mit relativ hohen Stückzahlen vertreten. Darüber hinaus ist mir aufgefallen, dass Schweißen im Schiffbau schlichtweg brutal ist. Extrem enge Räume, Hitze, Strahlung, Dreck und Schleifstaub – das wollen sich immer weniger Schweißer zumuten. Deshalb werden wir dort schon im Frühjahr 2020 ebenfalls mit unseren Automationskonzepten vorstellig werden. Indem wir dadurch einem massiven Fachkräftemangel entgegentreten können, bin ich mir sicher, auch hier überzeugen zu können. Das wird sich rumsprechen. Und in Folge könnte sich Fronius-Technologie in der Schiffbaubranche mittel- und langfristig durchsetzen.


Fronius Handschweißgeräte

Auch im Schiffbau geht es noch viel um den Bereich Handschweißen: Es ist natürlich hinlänglich bekannt, dass Fronius auch in diesem Bereich hohe Qualität liefert. Allerdings wird uns nachgesagt, dass wir preislich gegenüber dem Mitbewerb nicht wirklich konkurrenzfähig seien. Wie wird man künftig vorgehen, um vielleicht auch in den kleinen und mittelständischen Betrieben des metallverarbeitenden Gewerbes stärker vertreten zu sein? 

Zunächst gilt, dass wir auch im Bereich Handschweißen unsere Qualität „um jeden Preis“ beibehalten wollen. Trotzdem müssen wir günstiger werden. Zunächst haben wir uns in enger Abstimmung mit Fronius International Gedanken über unsere Rabatt- und Preispolitik gemacht. Nun wurden einschlägige Maßnahmen ergriffen, die es uns ab sofort möglich machen, absolut wettbewerbsfähig aufzutreten. Doch als Premiumhersteller beziehungsweise Technologieführer wird unser Wachstum nach wie vor nicht ausschließlich über den Preis laufen – in einen derartigen Wettbewerb wollen wir nicht einsteigen.

 

Was könnte es über den Preis hinaus für Optionen geben, sich am Markt der Handschweißgeräte zu behaupten?

Puls werden in diesem Jahr signifikante Neuerungen im Bereich der Handschweißgeräte gelauncht, mit denen wir uns noch besser am Markt positionieren können.

Des Weiteren fassen wir diverse Vertriebsaktionen ins Auge wie zum Beispiel das Schnüren vergünstigter, schweißbereiter Komplettpakete, die alles Zubehör beinhalten. Wenn der Preis erstmal nicht mehr im Vordergrund eines Verkaufsgesprächs steht, werden wir auch im Bereich Handschweißen starken Zuwachs erleben. Denn eines ist klar: Qualität, Handling und Schweißeigenschaften sind bei Fronius eine Liga für sich!

 

Ist der Vertrieb im Bereich Handschweißen gut aufgestellt?

Ich denke alleine durch unsere VSP-Teams haben wir schon viel Potential. Zu noch besserer Marktbearbeitung und vollkommener Marktdurchdringung wollen wir aber künftig immer stärker auf einen indirekten Vertriebskanal setzen. Das Vertriebssystem Partner beziehungsweise Partner Plus ist ja nicht neu. Allerdings legen wir jetzt wesentlich größeres Augenmerk auf diese Kooperation. Die entsprechenden Fachhändler halten wir also intensiv dazu an, den Verkauf der Handschweißgeräte in den Fokus zu rücken. Im Zuge dessen wollen wir das Netz der teilnehmenden Händler noch deutlich erweitern, um sicherzustellen, dass Fronius-Technik auch in kleinen und mittelständischen Betrieben mehr und mehr Einzug hält.